Berlin, 15. Dezember 2025 - Der BDE bewertet den von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf des erwarteten Umwelt-Omnibusses mit dem Titel „simplifying for sustainable competitiveness“ als ein Signal, das Investitionen in die Kreislaufwirtschaft erleichtern kann. Beschleunigte Genehmigungsverfahren und reduzierte Berichtspflichten bieten Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingbranche die Chance, notwendige Infrastruktur zügiger auszubauen. Gleichzeitig sieht der Verband zentrale Risiken bei den Erleichterungen im Bereich der erweiterten Herstellerverantwortung, die in dieser Form zu weit gehen.
Erleichterungen für Projekte der Kreislaufwirtschaft stärken den Ausbau moderner Recyclingkapazitäten
Positiv hervorzuheben ist die geplante Entlastung bei der Industrieemissionsrichtlinie und bei Umweltverträglichkeitsprüfungen. So soll z.B. die Pflicht für Unternehmen zur Erstellung von Umweltmanagementsystemen von Juli 2027 auf den Juli 2030 verschoben werden. Insgesamt sollen durch solche bürokratischen Entlastungen schnellere Genehmigungen für Industrieanlagen möglich sein. Die Kommission nennt ausdrücklich auch Projekte der Kreislaufwirtschaft als Vorhaben, die hiervon profitieren sollen. Das schafft Planungssicherheit und kann helfen, lange Verfahrensdauern abzubauen, die bislang den Ausbau dringend benötigter Recyclingkapazitäten verzögert haben. Die Unternehmen der Branche stehen unter Druck, rechtzeitig in moderne Anlagen zu investieren, um die Ziele des Clean Industrial Deal und die steigenden Rezyklateinsatzquoten zu erfüllen. Die jüngste Analyse der Europäischen Umweltagentur, die ein Scheitern zentraler EU-Umweltziele bis 2030 erwartet, unterstreicht die Notwendigkeit, Investitionshemmnisse abzubauen und leistungsfähige Kreislaufwirtschaftsstrukturen schneller zu realisieren.
Investitionsfreundlich ja – Keine Auflösung zentraler Kontrollmechanismen
Mit besonderer Sorge betrachtet der BDE den Vorschlag der Kommission, die Pflicht zur Benennung eines autorisierten Repräsentanten für Hersteller ohne Sitz im jeweiligen Mitgliedstaat aufzuheben. Die bisherige Verpflichtung ist ein tragender Pfeiler der EPR-Durchsetzung. Der Verband hat diese Position bereits in seiner Stellungnahme zum Konsultationsverfahren bekräftigt und sieht den nun vorgelegten Schritt als Rückfall hinter bewährte europäische Praxis. Ohne einheitliche Pflicht zur Benennung eines solchen Repräsentanten entstehen erhebliche Vollzugsdefizite. Bspw. fehlten so für EPR-Organisationen und Entsorgungsunternehmen jeweils die konkreten Ansprechpartner, um Stoffstrommengen zu melden, Gebührenzahlungen zu überwachen oder die Nachvollziehbarkeit von Recyclingströmen sicherzustellen. Für Online-Händler würde ein (ungerechter) Wettbewerbsvorteil ggü. lokalen Unternehmen entstehen, wenn sie ohne Benennung eines EPR-Repräsentanten ihre EPR-Pflichten umgehen können. Auch nationale Unterschiede in der Umsetzung wären wahrscheinlich, da die Mitgliedstaaten eigene Ersatzmechanismen definieren müssten. Die Kommission legt hierfür keine belastbaren Vorgaben vor und verweist auf zukünftige Reformen im Rahmen des Circular Economy Act 2026. Ein solches Vorgehen schafft Unsicherheit in einer Phase, in der verlässliche Rahmenbedingungen benötigt werden.
Informationssysteme modernisieren – Keine ersatzlose Abschaffung
Kritisch bewertet der BDE zudem die geplante Abschaffung der SCIP-Datenbank. Der BDE selbst betonte in der Vergangenheit Reformbedarf aufgrund praktischer Umsetzungsschwierigkeiten, doch der ersatzlose Wegfall der Meldepflicht für besorgniserregende Stoffe hinterlässt eine Lücke. Recyclingbetriebe sind auf verlässliche Stoffinformationen angewiesen, um Materialien sicher und hochwertig zu verwerten. Die Integration der SCIP-Datenbank in den künftigen Digitalen Produktpass (Digital Product Passport – DPP) wäre ein konsequenter, praxistauglicher Weg. Der BDE fordert selbst eine Überführung der SCIP-Datenbank in den Digitalen Produktpass und begründet dies in seinen Stellungnahmen ausführlich. Durch den Umweltomnibus droht hier jedoch eine "Übergangslücke“ bis zur Einführung des DPP zu entstehen. Es ist wichtig, dass eine Überführung der SCIP-Datenbank in den DPP schrittweise und ohne Vollzugsdefizite stattfindet.
BDE-Präsidentin Siegesmund fordert klare Prioritäten der EU
„Europa braucht weniger Bürokratie, aber stärkere Vollzugsstrukturen“, betont die Geschäftsführende Präsidentin des BDE, Anja Siegesmund. „Beschleunigte Genehmigungsverfahren helfen der Kreislaufwirtschaft. Doch die Abschaffung der Pflicht zu autorisierten Repräsentanten setzt genau dort an, wo wir mehr Transparenz, mehr Verantwortlichkeit und mehr digitale Kontrollmechanismen benötigen. Die EU darf Investitionen erleichtern, aber nicht die Grundlage eines funktionierenden EPR-Systems aufs Spiel setzen.“
Für die Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft eröffnet der Umwelt-Omnibus echte Chancen: effizientere Verfahren, kürzere Planungszeiten und ein regulatorisches Umfeld, das Investitionen begünstigt. Damit diese Impulse ihre Wirkung entfalten, müssen Kontrollinstrumente jedoch gestärkt und nicht abgeschwächt werden. Der BDE wird sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür einsetzen, dass Vereinfachungen praxistauglich, digital anschlussfähig und mit einem hohen Maß an Umwelt- und Vollzugssicherheit verbunden werden. Die europäische Kreislaufwirtschaft braucht klare Regeln, die Innovation ermöglichen und den fairen Wettbewerb in der Branche schützen.